Was am Dienstagabend als zunächst als nahezu harmloser LKW-Unfall mit einem umgestürzten Anhänger begann, entwickelte sich in den folgenden Stunden zur einer wahren Personal und Materialschlacht von Feuerwehr und Rettungsdienst. Über 250 Einsatzkräfte waren an dem insgesamt rund 16 Stunden dauernden Einsatz beteiligt. Dabei hat sich einmal mehr das unter dem Dach der Kreisfeuerwehr organiserte System mit den Gefahrgutexperten aus den verschiedenen Feuerwehren des Osnabrücker Landes in den Fachzügen der Kreisfeuerwehrbereitschaft Umwelt bewährt.
Was war passiert? Gegen 22 Uhr befuhr ein 28-jähriger Lkw-Fahrer die Bremer Straße in Bohmte. Beim Durchfahren des Shared-Space-Bereiches schaukelte sich der Anhänger auf und kippte auf die Seite. Nach Zeugenaussagen fuhr der Lkw mit geringer Geschwindigkeit. Es wurde ein Bergungsunternehmen angefordert. Es sah zunächst alles nach einem normalen Unfall mit anschließender Bergung aus. Bei der Sichtung der Ladepapiere wurde festgestellt, dass etwa 100 Liter hochkonzentrierte Ameisensäure sowie weitere Gefahrstoffe geladen waren. Eine Kennzeichnung am Anhänger war nicht vorhanden. Vorsorglich ließ die Polizei die Feuerwehr Bohmte alarmieren, um den Zustand der Ladung unter Atemschutz zu überprüfen. Einsatzleiter Thomas Niermann forderte zur Unterstützung zunächst die Gefahrgutgruppe der Feuerwehr Belm, die Ortsfeuerwehr Herringhausen sowie das Technische Hilfswerk zum Ausleuchten der Einsatzstelle an.
Im weiteren Verlauf rückten mehrere Gefahrgutgruppen der Feuerwehr aus dem gesamten Landkreis Osnabrück sowie der Stadt Osnabrück an. Der große Einsatzleitwagen wurde nach Bohmte geschickt. Es wurden vier Einsatzabschnitte gebildet.
Um jegliches Risiko für die Bevölkerung beim Entladen des Anhängers auszuschließen, wurden Straßen abgesperrt, die Bewohner evakuiert und umfangreiche Sicherheitsvorkehrungen getroffen. Feuerwehrleute in besonderen Chemieschutzanzügen hatten erste Untersuchungen der Ladung durchgeführt. Inzwischen war auch eine kleine Menge einer zunächst unbekannten Flüssigkeit ausgetreten und hatte sich auf dem Pflaster ergossen. Die ausgetretene Flüssigkeit wurde mit Bindemittel abgestreut.
In Bohmter Kotten, der als Dorfgemeinschaftszentrum dient, wurde eine Notunterkunft vorbereitet. Aufgrund der unklaren Lage wurden die Häuser im Umkreis von 50 Meter um die Unfallstelle vorsorglich evakuiert. Einige kamen bei Verwandten unter, 10 Personen wurden im Bohmter Kotten untergebracht und von den Helfern des Roten Kreuzes betreut. Auf einem Parkplatz eines Einkaufsmarktes an der Leverner Straße wurde ein Bereitstellungsraum eingerichtet. DRK-Helfer lösten den Regelrettungsdienst ab und übernahmen die Sanitätsbetreuung.
Die ganze Nacht hindurch wurde der Anhänger Stück für Stück in Handarbeit und unter Vollschutz entladen. Da es sich um einen Stückgutanhänger handelt war völlig unklar wo die zerstörten Behältnisse lagen und wie weit sie beschädigt waren. Auch war nicht unklar, welche der verschiedenen Gefahrstoffbehältnisse in Mitleidenschaft gezogen worden waren. So blieb den Einsatzkräften keine andere Wahl als unter Beachtung der erforderlichen Sicherungsmaßnahmen den Anfänger auszuladen.
Bewährt hat sich hier einmal mehr die Struktur der Feuerwehrbereitschaft Umwelt. Hier sind die Gefahrstoffexperten aus den verschiedenen Feuerwehren aus dem gesamten Landkreis in verschiedenen Fachzügen zusammengefasst. Die Kameraden sind eingespielt und arbeiten derartige schwierige Einsatzlagen routiniert und professionell ab. Aufgrund der begrenzten Einsatzzeit in Vollschutzanzug war hier einmal mehr viel Menpower gefragt. Schwierig gestaltet sich zudem das Entladen der durch den Unfall im Anhänger verteilten Ladung.
So wurde in den Morgenstunden festgestellt, dass mehrere undichter Behälter mit rund 100 Litern hochkonzentrierter Ameisensäure unter einem Haufen von etwa 20 schweren Eisenteilen lag. Jedes Teil wog geschätzt um die 250 kg und war von den Einsatzkräften per Hand nicht zu bewegen. Der Plan war nun, ein entsprechend großes Loch in die Wand des Anhängers zu schneiden und dann mit einem Kran die Räder herauszuholen. Zum Aufschneiden der Wand wurde die Twin-Saw der Ortsfeuerwehr Brockhausen angefordert. Mit einer derartigen Säge ist die Hitzeentwicklung und die Funkenbildung geringer als bei anderen Schneidverfahren. Die Gesamtzahl der Einsatzkräfte hatte sich inzwischen auf über 250 erhöht.
Bürgermeister Klaus Goedejohann unterstütze den Großeinsatz durch Arbeiten im Hintergrund. Er war Ansprechpartner der Gemeinde Bohmte. Auch ein Vertreter der Unteren Wasserbehörde war vor Ort. Der Schulunterricht für die Haupt- und Realschule in Bohmte fiel aus, ebenso war der Kindergarten geschlossen; denn die Zufahrtswege hätten durch das aus Sicherheitsgründen gesperrte Gebiet geführt.
Schließlich konnte das Entladen des Anhängers am Mittwochnachmittag abgeschlossen werden. Die Gegenstände wurden sortiert und teilweise in besonderen Behältern und Überfässern einer fachgerechten Entsorgung zugeführt. Dann konnte der Anhänger geborgen und abtransportiert werden. Nach abschließender Reinigung der Fahrbahn wurde der Verkehr gegen 18 Uhr wieder freigegeben.
Der THW Ortsverband Bad Essen war mit der Fachgruppe Beleuchtung und dem Zugtrupp vor Ort. Im Einsatz waren bis 6.15 Uhr 10 Helfer mit MLW 4 mit LiMa und dem MTW.
Text und Bilder: Hubert Dutschek und Volker Köster, Pressesprecher Kreisfeuerwehr Osnabrück