Am Donnerstagabend wurde am Mittellandkanal in Herringhausen eine Katastrophenschutzübung durchgeführt. Schwerpunkt der Übung war die Abdichtung des Kanaldamms nach einer angenommenen Beschädigung der Spundwand. 70 Einsatzkräfte verschiedener Hilfsorganisationen und Mitarbeiter des Wasserstraßen- und Schifffahrtsamtes konnten sich durch praktische Erfahrungen für den Ernstfall rüsten.
Für die Übung hatten Konstantin Heidrich, Leiter des Außenbezirks Bad Essen des Wasserstraßen- und Schifffahrtsamtes Minden, und Benedikt Guss, zuständig beim Landkreis Osnabrück für den Katastrophenschutz, folgende Ausgangslage angenommen und ausgearbeitet: Ein Gütermotorschiff rammt aufgrund eines technischen Defekts die Spundwand des Mittellandkanals unterhalb der Wasserlinie. Der Schiffsführer entfernt sich, ohne vorschriftsgemäß eine Meldung an die Revierzentrale abzusetzen. Nach einigen Tagen bemerkt eine Spaziergängerin am Kanaldamm leichten Wasseraustritt an der Landseite. Sie verständigt die örtliche Polizei, die daraufhin die zuständigen Dienststellen in Kenntnis setzt.
„Diese angenommene Lage kann jederzeit und überall an den Dammstrecken des Kanals Wirklichkeit werden. Werden nicht frühzeitig Maßnahmen zur Abdichtung der Leckstelle eingeleitet, droht letztlich ein Dammbruch. Die Folge wäre eine großflächige Überschwemmung, die die Evakuierung tausender Bewohner erforderlich machen würde“, erläuterte Heidrich vor Beginn der Übung.
Um 18 Uhr rückten die Ortsfeuerwehr Herringhausen, die Feuerwehrtaucher aus Bramsche, die DLRG Obere Hunte aus Bohmte und das THW aus Bad Essen sowie Mitarbeiter des Wasserstraßen- und Schifffahrtsamtes (WSA) an. Als Beobachter an der Übung nahmen Bohmtes Gemeindebrandmeister Martin Niermann, Ostercappelns stellvertretender Gemeindebrandmeister Stephan Bölscher, Mitglieder des Kreisverbindungskommandos der Bundeswehr mit Oberstleutnant d.R. Uwe Schrader und Ralf Auf dem Felde, Brandabschnittsleiter Nord der Kreisfeuerwehr Osnabrück teil.
Guss und Heidrich begrüßten die Übungsteilnehmer und wiesen in die Lage ein. „Nach einer Stabsübung im Sommer in Bramsche, bei der ein Dammbruch des Kanals angenommen wurde, erfolgt heute der praktische Teil mit dem Ziel, durch geeignete Maßnahmen ein Brechen des Dammes zu verhindern“, sagte Guss. „Konkret werden wir die Leckstelle wasserseitig durch eine Plane abdichten und landseitig eine Quellkade aufbauen. Somit kann verhindert werden, dass durch den Wasserabfluss Dammmaterial ausgeschwemmt wird und sich die Leckage weiter vergrößert“, präzisierte Heidrich.
Eine Quellkade ist ein möglichst wasserdichter Sandsackverbau an der binnenseitigen Wasseraustrittsstelle, der anschließend mit Wasser gefüllt wird. Dadurch wird ein Gegendruck erzeugt, der nach dem Prinzip der kommunizierenden Röhren den Wasserausfluss und den Materialabtrag stoppt.
Das WSA hatte zuvor einige Kubikmeter Sand abgekippt, leere Jutesäcke und eine Rolle mit Geotextil angeliefert.
Herringhausen Ortsbrandmeister Volker Köster leitete den Einsatz. Er richtete drei Einsatzabschnitte ein: wasserseitige Abdichtung, Sandsackbefüllung und Sandsackverbau. Der Einsatzleitwagen der Gemeindefeuerwehr Bohmte wurde zur Unterstützung des Einsatzleiters besetzt. Dort wurden die Funksprüche entgegengenommen, weitergeleitet, wesentliche Schritte des Einsatzablaufs dokumentiert und Lagebesprechungen mit den Führungskräften abgehalten.
Zu Beginn der Übung verständigte Heidrich seinen Amtsleiter sowie die Revierzentrale. Gleichzeitig wurden die Sicherheitstore in Herringhausen und Minden herabgelassen. „Das ist eine der ersten Maßnahmen im Ernstfall, den betroffenen Bereich der Wasserhaltung durch die Sicherheitstore abzusperren“, so Heidrich. Um die Schifffahrt nicht über Gebühr zu beeinträchtigen, wurden die Tore nach etwa 15 Minuten wieder gehoben. Allerdings wurde die Schifffahrt für die Zeitdauer der gesamten Übung über die Sperrung der Nordseite des Kanalabschnitts informiert.
Die Feuerwehrtaucher übernahmen die wasserseitige Abdichtung. Dazu wurden sogenannte Lecksegel von 2 mal 3 Metern durch die Taucher unter Wasser an der Spundwand angebracht. Die obere Seite wurde festgebunden, die Unterseite durch Gewichte beschwert. Ein Boot der DLRG sicherte zusätzlich die Einsatzstelle für die Taucher ab.
Zum Aufbau der Quellkade mussten zunächst Sandsäcke befüllt werden. Das THW aus Bad Essen hatte zwei Einfülltrichter aufgestellt. Jeder Sack wurde zu zwei Dritteln mit etwa 20 kg gefüllt und dann in einer Helferkette zur angenommenen Wasseraustrittsstelle am Damm weitergereicht. Dort war großflächig das Geotextil ausgelegt worden. Das Vlies ist wasserdurchlässig, hält aber durch seine Filterwirkung festes Material zurück. „Wir bauen die Sandsäcke in U-Form auf, etwa acht Lagen in der Höhe. Um später dem Wasserdruck standzuhalten, muss auch in der Breite eine massive Abstützung, die etwa der doppelten Höhe entspricht, durch Sandsäcke erfolgen“, erklärte Nils Kramer, Zugführer des THW.
Gegen 20 Uhr stand das „Bauwerk“, für das 1000 Sandsäcke verbaut wurden. Nun erfolgte die Probe durch Einlassen des Wassers in die Quellkade. Alle Einsatzkräfte hatte sich um den Sandsackverbau versammelt. Vom Herringhauser Feuerwehrfahrzeug war eine Schlauchleitung gelegt worden, der Verteiler wurde geöffnet und das Wasser strömte in die Quellkade. Heidrich begutachtete das Ergebnis der teils schweißtreibenden Arbeit: „Das Wasser steht, der Sandsackwall ist dicht – das ist einen Applaus wert !“
Für den Rückbau wurden von Feuerwehr und THW Beleuchtungskörper aufgestellt, da die Dämmerung einbrach. Die Säcke wurden abgetragen und wiederum in einer Helferkette weitergereicht. Gesammelt wurden die gefüllten Säcke in Gitterboxen und auf Paletten.
Nach einer wohlverdienten Stärkung mit Getränken und Bratwürstchen dankte Heidrich den Übungsteilnehmers für ihre engagierte Mitarbeit. Köster stellte mit Zufriedenheit fest: „Wir haben gemeinsam die gestellten Aufgaben gelöst. Die Zusammenarbeit von Feuerwehr, THW, DLRG und WSA in den gemischten Gruppen verlief reibungslos. Jeder hatte etwas zu tun, wir haben Hand in Hand gearbeitet und die Stimmung war ausgezeichnet. Und das Wichtigste: Durch die praktische Arbeit konnten wir viel Erfahrung sammeln. Falls ein Dammbruch droht, sind wir nun vorbereitet.“
Herringhausen,
Drohender Dammbruch am Mittellandkanal in Herringhausen
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